Neues Rathaus

Mal wieder München…

Die NZZ berichtete im vergangenen Herbst über eine Ausstellung meines Lieblingsmalers William Turner im Lenbachhaus von Ende Oktober ’23 bis Mitte März ’24. Das letzte Mal sah ich Turner an der Venedig-Ausstellung in der Fondation Beyeler in Riehen im 2008. Warum also nicht mal wieder nach München fahren und sich diese Ausstellung anschauen!

Ich fahre an einem Donnerstagmorgen via Zürich und St. Margarethen in die bayerische Hauptstadt. Mit meinem SBB-GA bezahle ich nur die Strecke von der Grenze durch Bayern und zurück. Und früh genug gebucht, ist das mir bekannte arthotel von meiner letzten München Reise vor sieben Jahren auch erschwinglich. Es liegt nur knappe zehn Gehminuten vom Hauptbahnhof entfernt in einer Seitenstrasse. Und ich lache wieder über die lustgen Stühle beim Empfang.

Stühle an der Reception im arthotel
Stühle an der Reception im arthotel

Der Herr am Empfang erkennt mich wieder von meinem letzten Besuch. Als ich dies bezweifle und meine, es sei sieben Jahre her, muss auch er lachen. Nein, da sei er noch nicht hier gewesen. Aber charmant war er allemal…

Ich mache mich gleich auf via Seidlinger Tor zum Viktualienmarkt und komme dabei am Jüdischen Museum aus dem Jahre 2007 vorbei. Das ist mir neu.

Jüdisches Museum München
Jüdisches Museum München

Auf dem Viktualienmarkt herrscht Scheiaweia! Hier wird heute die Weiberfasnacht gefeiert mit einer grossen Bühne mit Live-Musik, und die Leute gröhlen und schunkeln. Kurz einen Kaffee und eine Zimtschnecke und weg bin ich!

Auch zum ersten Mal fällt mir auf dem Weg zum Marienplatz die Kopie der Julia von Verona auf. Sie steht offenbar schon seit den 1970er-Jahren hier und der Aberglaube ist auch hier rege vorhanden, wie die rechte Brust offenbart.

Es laufen viele kostümierte Frauen umher und der Marienplatz ist wie üblich voller Touristen. Ich suche das Café gegenüber dem Rathaus und finde es nicht mehr. Ich kann es kaum glauben, das war doch immer platschvoll. Alles findet eben mal ein Ende!

Ich laufe die Kaufingerstrasse hoch Richtung Stachus und finde aber doch noch das Café Guglhupf. Schon vor über 30 Jahren habe ich hier gegessen. Wie schön, dass es das noch immer gibt!

Im Café Guglhupf
Im Café Guglhupf

Nach einem gesunden, tiefen Schlaf und einem reichhaltigen, köstlichen Frühstück mache ich mich auf zum Lenbachhaus. Der Weg führt mich in eine Gegend, wo ich bei meinen vergangenen Besuchen noch nie war. Schon alleine das Gebäude gegenüber dem Museum, die Propyläen am Königsplatz sind wahnsinnig imposant. Mich erschlagen beinahe die riesigen Säulen. Obdachlose finden dazwischen einen trockenen Schlafplatz.

Und die Litfasssäule ziert nur das Plakat der Ausstellung rundum und am Boden weisen Pfeile zu den Tickets und vor dem Eingang wird nochmals auf die Ausstellung aufmerksam gemacht. Juhui, wie ich mich freue!

Ich bin zehn Minuten nach Öffnung da und die Ausstellung läuft jetzt doch schon einige Monate, und dennoch muss ich ca. zehn Minuten anstehen. Aber dann habe ich die Eintrittskarte, verbilligt, weil Rentnerin, und ich gehe wieder raus über den Königsplatz und die Rolltreppe runter zum Kunstbau. Der Kunstbau ist eine unterirdische Aus­stellungsfläche des Lenbachhauses, die sich im Zwischengeschoss des U-Bahnhofs Königsplatz befindet. Es ist ein riesiger Schlauch ohne Fenster, und es hat bereits sehr viele Besucher. Aber “Turner. Three Horizons”, so der Name der Ausstellung, überwältigt mich einmal mehr. Wieder habe ich bereits beim ersten Bild den Eindruck, dass hinter dem Mond ein Lämpchen montiert sein muss, weil er so strahlt. Das hat aber mit der Technik von Turner zu tun, wie ich lese. Er hat auch die Rückseite der Leinwand bemalt und so kamen die Farben auf der Vorderseite stärker hervor.

Moonlight, a Study at Millbank, 1797
Moonlight, a Study at Millbank, 1797

Herrliche Landschaftsmalereien des jungen Joseph Mallord William Turner, wie er mit vollem Namen hiess, werden auf der linken Seite dieses Ausstellung-“Schlauches” gezeigt. Diese wurden auch zu Lebzeiten des Malers der Öffentlichkeit gezeigt.

Auf der rechten Seite werden Studien, Experimente, Aquarelle und Gemälde gezeigt, welche Turner zu seiner Lebzeit in seinem Atelier behielt und nie jemandem zeigte. Noch heute wird über den Grund diskutiert. Ein Bild ist mir aufgefallen wegen dem Ort, wo er es gemalt hat.

Rheinfelden, Fluss, Sonnenuntergang
Rheinfelden, Fluss, Sonnenuntergang

Es ist aus seinem Skizzenbuch aus dem Jahre 1844 und offenbar am Rhein in Rheinfelden entstanden.

Und dieses Bild gab der Ausstellung den Namen: Three Horizons…

Three Horizons
Three Horizons

Da ich das Original nicht vermag, hängt nun ein Poster der drei Horizonte in meiner Stube.

Ganz selig mache ich mich nach über einer Stunde wieder raus an die frische Luft und setze mich erst mal auf eine Bank, denke an Turner, seine Bilder und seine Zeit und studiere dann den Stadtplan. An den Propyläen, erbaut von Ludwig I., vorbei spaziere ich über den Karolinenplatz, den Odeonsplatz und durch den Hofgarten und freue mich über die Sonne, welche sich durch die hohen Wolkenfelder zu kämpfen scheint.

Im Restaurant Leger am Dom gleich neben der Frauenkirche esse ich einen köstlichen Reis mit Wok-Gemüse. Und danach besuche ich wieder den geheimnisvollen Ort in der Frauenkirche, den Teufelstritt. Der Satan hat der Legende nach dem Baumeister Jörg von Halspach versprochen, beim Bau der Kirche zu helfen unter der Bedingung, dass keine Fenster eingebaut werden. Und wie er in der Vorhalle stand und wegen der Pfeiler des damaligen Hochaltars tatsächlich keine Fenster sah, stampfte er vor Freude mit seinem Fuss so heftig auf den Boden, dass der Fussabdruck noch heute sichtbar ist. Schon beim nächsten Schritt erblickte er die Fenster und verwandelte sich vor Wut in einen eisigen Wind, der heute noch oft um den Dom weht.

Ich verbringe die Zeit noch etwas mit “lädele” und in der Seitenstrasse gegenüber vom neuen Rathaus am Marienplatz sehe ich hoch oben an der Fassade den Namen Cafe zum Glockenspiel. Ha, das gibts ja doch noch!!! Gleich rein in die Passage und in den Lift und hoch in den 5. Stock. Und ich ergattere einen tollen Platz und zur Feier des Tages gibts einen Chai Tee Latte und einen Apfelstrudel an einer Vanillesauce. Man gönnt sich ja sonst nichts…

Am nächsten Morgen heisst es bereits wieder packen, auschecken und Richtung Bahnhof watscheln. Da entdecke ich vor dem Justizgebäude noch moderne Kunst, den Autoeater, ein 16 Tonnen schweres Gebilde aus Marmor aus Carrara mit einem Fiat Panda. Unbedingt die Geschichte im Link dazu lesen!

Wie geht es mir doch gut! Einfach so schnell mal nach München an eine Ausstellung! Ich mache mir meine Situation mal wieder bewusst und geniesse sogar die Heimreise mit einem spannenden Krimi.