1. Etappe (20. Februar 2025): Luterbach (SO) – Bätterkinden (BE)
Es ist gerade wieder kein Sonnenschein da, als ich mich auf meine erste Etappe an die Emme begebe. Aber die wettermässig besseren Tage dieser Woche waren anderweitig ausgebucht. Und ich sag ja auch immer: es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung!
Also warm und trocken gekleidet und mit dem Picknick im Rucksack fahre ich mit den SBB nach Olten, steige um nach Solothurn und nehme den Bus nach Luterbach, Kraftwerk.
Ich laufe erst durch ein Naturschutzgebiet, dem Aareschachen, einem Kanal entlang, welcher von Biberist via Derendingen nach Luterbach fliesst und wie die Emme hier in die Aare mündet.
Da stehe ich dann, wie schon bei der Aare-Wanderung, gegenüber dem Attisholz-Areal bei der Mündung der Emme in die Aare. Ein Schilfgürtel verhindert, dass ich direkt ans Wasser kann. Aber ich sehe den Emmenspitz vis-à-vis mit dem Picknick-Platz und dem Weg, der weiterführt nach Solothurn.

Ich laufe nun also gegen das Fliessen des Wassers stromaufwärts. Gegenüber scheint der Bau der zweitgrössten Kehrichtsverwertungsanlage (KEBAG Enova, Zuchwil) der Schweiz beendet. Ein riesiges Monstrum mit rauchenden Kaminen und davor ein Bagger, der Geschiebe aus dem Wasser holt. Die Emme hat viel Gestein im Wasser, das fällt mir heute immer wieder auf.


Zudem habe ich mir vorgenommen, die Brücken zu zählen, welchen ich bei der Emme-Wanderung begegnen werde. Aber es ist ein wirres Durcheinander von motorisierten Verkehrsbrücken, Eisenbahn-, Fussgänger- und Velobrücken und Stegen für Leitungen etc. Wikipedia hat mir das Zählen bereits abgenommen: es sollen insgesamt rund 70 sein, davon 15 gedeckte Holzbrücken, von denen wiederum 8 denkmalgeschützt sind. Da bin ich ja mal gespannt!
Schon alleine heute bin ich etwa zehn Übergängen begegnet!






Vorbei am Oberen Schachen und beim Emmenschachen unter der Autobahnbrücke der A5 durch bin ich bereits auf der Höhe von Derendingen links resp. Zuchwil links. Lustige Behausungen für Mensch und Tier begegnen mir.



Und viel geholzt wurde in jeder Gemeinde auf dem heutigen Weg. Überall liegt geschlagenes Holz am Wegesrand.


Dann tauchen die Betonbauten der stillgelegten Papieri Biberist auf. Ende August 2011 wurde nach 149 Jahren die traditionsreiche Papierfabrik Biberist für immer geschlossen. Heute wird das ganze Areal für Wohnen, Industrie, Kunst und Kultur, Gewerbe etc. umgeplant und erstellt.
Der Weg hier an der Emme ist seit jeher ein beliebter Fuss- und Radweg zwischen Derendingen und Biberist. Er wurde bis vor kurzem mit schwarzen Schlackeabfällen der Stahlwerke Gerlafingen ausgebessert und trägt daher seinen Namen.


Im Wartehäuschen am Bahnhof Biberist setze ich mich hin und esse mein Picknick. Ich bin nach so kurzer Wanderung bereits so müde, dass ich überlege, auf den nächsten Zug nach Hause zu warten. Aber nein, das kann es ja nicht gewesen sein! Auf und weiter gehts!
Es wird langsam etwas heller! Vielleicht schafft es die Sonne noch! Da stehe ich an einer Blockrampe! Auch dieser Begriff ist neu für mich! Man hat bei der Renaturisierung der Emme die frühere 1,5 m hohe Schwelle durch eine 50 m lange Blockrampe ersetzt. So schaffen es heute die Fische im 15 m breiten Flussbett auch bei erhöhten Abflüssen stromaufwärts zu kommen.

Nun geht es ca. 50 m hoch in den Wald zwischen Gerlafingen und Utzensdorf. Ich mag es, wenn etwas Abwechslung im Gehen besteht. Immer nur eben geradeaus wird langweilig. Und da oben im Wald ist die Sicht auf die Emme und die Umgebung auch abwechslungsreich.




Dann realisiere ich plötzlich, dass ich da im Wald die ganze Zeit auf der Grenze zwischen den Kantonen Solothurn und Bern wandere. Uralte Grenzsteine stehen schief am Rand und eine Raute der Wanderwege Bern zeigen mir, dass ich ab nun wohl nur noch in meinem Heimatkanton unterwegs sein werde.



Und wo der Limpach in die Emme fliesst, kurz, bevor sie eine Linkskurve macht, geht es auf Treppen wieder hinunter an die Emme. Die Emme ist zweitweise nur ein paar Zentimeter tief und die Farbe des Wasser ist unterschiedlich gelblich, gräulich, braun. Je nach der Tiefe des Wassers. Und siehe da, die Sonne schafft es durch die Wolken und zeichnet hübsche Schattenbilder auf den waldigen Weg.




Ja, und dann folgt ein furchtbar langweiliger Abschnitt des heutigen Tages. Vorwärts und rückwärts ein schnurgerader Weg zwischen Weiler b. Utzensdorf und Bätterkinden, meinem heutigen Ziel. Zum Glück scheint die Sonne und ein ganzer Schwarm am Himmel kreisender Störche lenken etwas ab. Durch den Hinderschache zu gehen, ist echt langweilig. Dennoch kommen Frühlingsgefühle auf!


Und dann habe ich nach etwas über drei Stunden 14 km zurückgelegt und bin in Bätterkinden. Es geht ein Stück der Strasse entlang zum Bahnhof, wo mich der Zug mit Umsteigen in Bern wieder nach Basel fährt. Heute wäre mein Vater 117 Jahre alt geworden. Es war ein netter Tag in die Umgebung seiner alten Heimat!




2. Etappe (6. März 2025): Bätterkinden (BE) – Burgdorf (BE)
Ein Frühlingstag, wie er im Buche steht! Morgens ist es kalt, um die null Grad. Dann wärmt die Sonne und am Nachmittag schwitze ich im Ziel.
Erneut fahren mich die SBB von Basel via Olten nach Solothurn. Und der Regionalzug lässt mich dann in Bätterkinden aussteigen.
Unten bei der Brücke über die Emme nach Utzensdorf ist der Wanderweg nicht begehbar, weil an der Renaturierung gearbeitet wird. Was solls, nicht weit und ich stehe am Ufer! Was für eine Wohltat nach den vergangenen turbulenten Tagen und Wochen. Diese Ruhe hier! Nur das Plappern eines Kinderhortes unterbricht die Stille!
Da scheint das Ufer der Emme abzurutschen. Eisenpfähle versuchen, dem entgegen zu halten.




Ich hab noch nie einen Fluss mit so wenig Wasser und einem so breiten Kiesbett gesehen wie bei der Emme. Hier liegen Bäume mitten drin, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass diese mal mit Wassermengen hierher geschwemmt wurden.
Nach ca. einer halben Stunde ist der Weg plötzlich gesperrt mit einem Absperrband. Nein, das geht gar nicht. Das hätte man beim Beginn des Weges markieren müssen! Soll ich jetzt den ganzen Weg wieder zurück? Hallo?! Ich stürze mich ins Unterholz, klettere über moosbewachsene Baumstämme und versuche, nicht in den dürren Brombeerranken hängen zu bleiben. Dann bin ich auf dem Veloweg! Na so was!

Und beim Weitergehen sehe ich, dass der Weg total zerstört ist, entweder abgestürzt in den Fluss oder vom etwaigen Hochwasser mitgerissen. Meine WanderApp zeigt an, dass am gegenüberliegenden Ufer der Wanderweg schon eine Weile gesperrt ist infolge Hochwasserschäden.
Dann komme ich zum Hagerhüsli. Früher, im 19. Jh., wurde hier durch diesen Kanal Holz transportiert bis zur Papierfabrik an der Schachenstrasse zur Weiterverwertung. Heute ist hier eine Kulturwerkstatt beheimatet.


Durch den Ämmeschache und den Urtenesumpf herrscht reges Treiben in der Natur. Heute werde ich von vielem Vogelgezwitscher begleitet. Finken hüpfen über den Weg, ein Buntspecht klettert mühelos einen Baumstamm hinauf, während wo ein Kleiber kopfüber den Ast hinunter schaut und seinen Schnabel wetzt. Immer sind die Möwen wieder zu hören und Milane kreisen. Auch einem Brutkasten für Uhus begegne ich. Die sind schon eher selten anzutreffen.




Dann macht die Emme, und mit ihr der Wanderweg, eine grosse Linkskurve und weiter geht es geradeaus bis zur kleinen Gemeinde Aefligen. Die hat 1993 den Berner Kulturpreis für die lokale Erweiterung der Emme erhalten. Den Preis finde ich nicht schön, den Platz, um auszuruhen aber schon. Und wieder ein lustiges Schild am Weg, welches auf das Betreten auf eigene Gefahr aufmerksam macht. Der einsturzgefährdete Wanderweg sieht aber gar nicht so bedrohlich aus! Zum Glück führt hier ein guter Wanderweg gleich daneben weiter.



In der Emme hat es hier viele Schwellen, wo die Fische garantiert nicht hochkommen. Aber da sprudelt doch mal mehr Wasser als bis anhin. Immer wieder wird mit Schildern darauf aufmerksam gemacht, dass das Schwimmen wegen der plötzlich auftretenden Hochwasser und den Wasserwalzen bei den Schwellen verboten ist. Lustig auch das Verbot für Pferde bei Schiessbetrieb. Wandernde dürfen sich dieser Gefahr dann wohl schon aussetzen!!!




Das übliche Brummen der Autos und des Schwerverkehrs darf natürlich auch heute nicht fehlen. Einmal mehr geht es unter der A1 hindurch. Die Höhe ist nur auf 1.90 m beschränkt. Mein Sohn mit 2 m Grösse müsste hier den Kopf recht einziehen. Ich laufe, bis der Geräuschpegel wieder beinahe auf null ist und setze mich bei einem wunderschönen Grillplatz kurz vor Kirchberg an die Emme zum Lunch hin. Auch ein Postbeamter hat sich den Platz hier für die Mittagspause ausgesucht und legt mal die Füsse hoch aufs Steuerrad.




Später stehe ich auf einer Brücke und geniesse den Blick hinunter resp. hinauf und sehe die Kirche von Kirchberg.


Beim Weg in Kirchberg-Alchenflüh erblicke ich eine Tafel, wo erklärt wird, dass hier der Grubenweg in Franz-Schnyder-Weg umgetauft wurde. Franz Schnyder? Ich muss näher ran, um zu lesen, um wen es sich da handelt. Mir sagt der Name überhaupt nichts. Aber dann! Er ist der wohl erfolgreichste und bekannteste Regisseur der Schweiz. Er wurde 1910 in Burgdorf geboren und starb 1993 in Münsingen. Er ist Schöpfer sehr bekannter Filme wie Gilberte de Courgenay, Uli der Knecht, Uli der Pächter, Annebäbi Jowäger, Geld und Geist und vielen weiteren. Die habe ich als Kind mit meinen Eltern oder Grosseltern gesehen. Zu seinem 100. Geburtstag wurde 2010 also die Namensänderung des Weges vollzogen. Wieder etwas gelernt!
Der Frühling ist auf Riesenschritten im Anmarsch! Nicht nur die Temperaturen versprechen es. Nein, ich sehe erstmals wieder Winterlinge im Wald, der Bärlauch stösst durchs Laub, Bienen sitzen auf den Blüten der Frühlingsanemonen oder Hemmliglunggi und Krokusse und Schneeglöckchen strecken ihre Köpfe an die Sonne. Einfach herrlich!


Nach der Mündung des Mülibachs in die Emme tauchen rechts hinter dem Wald drei Ungetüme von Betontürmen auf. Es sind Silos der Firma Fors Kunz und Kunath AG. Hier kann Tierfutter in rauen Mengen bestellt werden. Und da taucht meine erste gedeckte Holzbrücke über die Emme auf, die Neumattbrücke aus dem Jahre 2013, auch Schwingersteg genannt. Mit einer Spannweite von 59 Meter ist sie die grösste frei gespannte Fachwerkholzbrücke der Schweiz. Ob die für die Mitarbeitenden erstellt wurde? Ein super moderner Holzbau, total anders als die mir bisher bekannten Holzbrücken.



Ich bin schon beinahe an meinem heutigen Ziel angekommen. Bei der Eybrücke wird noch an den momentanen Schweizer Fussballmeister erinnert und gleich danach befinde ich mich am geographischen Mittelpunkt vom Amt Burgdorf, wie eine Tafel erklärt.



Ich habe mir Burgdorf immer als schönes, altes Städtchen vorgestellt. Da war ich noch nie. Und auch heute bin ich zu müde für eine Besichtigung. Ich gehe beim Typonweg gleich hoch zum Bahnhof.



Aber was ich der Emme entlang und jetzt beim Typonsteg gesehen habe und erblicke, hat nichts mit meinen Vorstellungen zu tun. Alles reihenweise neue Häuser, Einfamilienbauten und Blöcke. Beinahe Ghettos, schrecklich! Ich nehme mir vor, demnächst Burgdorf mal richtig anschauen zu gehen. Da muss es doch eine hübsche Altstadt haben!
Nach etwas mehr als 3 1/2 Stunden, inklusive Pausen, und 14 km, fahre ich nach einem wundervollen Frühlingstag via Bern zurück nach Basel. Burgdorf, ich komme wieder!

3. Etappe (11. März 2025): Burgdorf (BE) – Ramsei (BE)
Nur einmal umsteigen heute, also von Basel via Olten nach Burgdorf. Eine gemütliche morgendliche Fahrt.
Gleich zu Beginn auf dem Weg zum Emmenuferweg hinunter begrüssen mich die ersten Osterglocken in Burgdorf. Auch wenn es noch vier Wochen bis Ostern dauert, freue ich mich über diesen Frühlingsgruss.

Vorbei an der Eisenbahnbrücke aus dem Jahr 1925 und der Autostrassenbrücke, der Wyningerbrücke aus dem Jahr 1960, welche eine gedeckte Holzbrücke von 1858 ersetzte, liegt rechts von mir die Schützenmatte und der Blick ist frei zum Schloss von Burgdorf. Wie das doch da oben hoch über dem Dorf thront!



Und weiter am Schwimmbad von Burgdorf vorbei komme ich schon zu einem nächsten geschützten Objekt. Auch Beton kann geschützt werden, hier in Form der Waldeggbrücke von 1913, welche somit die älteste Eisenbetonbrücke über die Emme ist.


Und dann geht es durch viele Schachen. Schache kommt aus dem Althochdeutschen und bedeutet Wald oder Buschwerk. Also rein in den Bleichischache und Lochbachschache. Es sind einige Leute unterwegs, teils mit ihren Vierbeinern, teils mit zwei Stöcken und Kopfhörern, teils mit dem Fahrrad. Immer wieder wird mittels einem Kanal der Emme Wasser abgezwackt. Das nennt sich dann Gewerbekanal und der Emme fehlt dann auf dem Zwischenstück das Wasser und lässt das Auge auf grossen Kieselsteinen ruhen.



Weiter durch den Burdlefschache, den Oberburgschache bei Oberburg, den Schache zum Schächli. Und da ist eine geschützte, gedeckte Holzbrücke. Erbaut haben sie 1839 die Zimmermeister Rudolf und Jakob Schmid aus Oberburg. Mit einer Bogenspannweite von 60 m ist sie die längste Holzbogen-Spannbrücke Europas. 1997 wurde das Schindeldach ersetzt. Die Brücke von Hasle-Rüegsau steht unter dem Schutz des Bundes.


Bei der Rüegsaustrasse-Brücke stehe ich über der Emme und mir fällt auf, dass der Fluss heute erstmals voll Wasser ist. Das ganze Flussbett ist gefüllt und plätschert munter dahin, nicht tief, aber doch nirgends trocken.

Hier bei Hasle-Rüegsauschachen komme ich zur schützenswerten Fussgängerbrücke Hängelisteg aus dem Jahre 1916. 2021 musste sie aus Sicherheitsgründen gesperrt werden und ist seit Herbst 2022 nach eingehender Sanierung wieder passierbar.


Kurz vor Lützelflüh setze ich mich bei strahlendem und vor allem wärmenden Sonnenschein auf eine Bank für meine Mittagspause. Vom Wehr her rauscht das Wasser und ein Spaziergänger wirft seinem Hund dauernd Stöcke ins Wasser. Der geht sie in diesem kalten Wasser holen und ich hoffe jedes Mal, dass er nicht von der Strömung übers Wehr mitgerissen wird. Vor Schwimmen wird deswegen gewarnt! Sogar ein aufgewachter Zitronenfalter tanzt am Ufer umher. Was für eine Wonne! Morgens war es noch bewölkt, wurde dann aber immer schöner!



Nun laufe ich in Lützelflüh ein, für mich der Inbegriff des Emmentals. Hier verweile ich etwas. Ich will mir die Kirche anschauen, aber leider geschlossen. Auch das Museum von Jeremias Gotthelf ist nur nachmittags offen. So lange will ich nicht warten. Das alte Haus, wo Gotthelf “Die schwarze Spinne” schrieb, steht noch und sein Grab findet man neben der Kirche zusammen mit den Ruhestätten von anderen Persönlichkeiten wie dem Schriftsteller Simon Gfeller oder Emanuel Friedli, dem Schweizer Lehrer, Pfarrer und Dialektologen.




An der Dorfstrasse stehe ich auf der Balkenbrücke aus Beton und sehe hoch zur Kirche von Lützelflüh und runter zum Dorfkern mit dem mächtigen Bau der Hafermühle Kentaur. Da werden Kindheitserinnerungen wach. Was haben mein Bruder und ich uns jeweils gefreut, wenn die Mutter eine neue Packung Haferflocken kaufte. Denn schon vor 65 Jahren gab es in der Packung jeweils ein Spielzeug für die Kinder. Dass es mit dem Rest der Packung oft Haferschleimsuppe gab, war nebensächlich.


Ein Stück geht es durch die Quartiere von Lützelflüh-Goldbach, vorbei am Schwimmbad. Die geschützte gedeckte Gohlhausbrücke aus dem Jahre 1843 ersetzte die Brücke aus dem Jahre 1584, welche bei einem Hochwasser 1837 weggespült wurde.



Ich quere die Brücke und laufe noch im Farbschache nach Ramsei. Dieser Ortsname verbinde ich mit dem erfrischenden Apfelsaft, Apfelschorle und dem Volkslied “S Ramseiers wei go grase…”. Die Obstmosterei wurde 1910 hier gegründet und wurde in der Zwischenzeit weltberühmt mit ihren Getränken. Heute befindet sie sich in Sursee.
Die wenigen Häuser hier wirken wie ausgestorben und das Gasthaus am Bahnhof hat Ruhetag. Ich setze mich auf die Bank und warte den Zug ab. Via Burgdorf und Olten geht es zurück nach Basel. Nach 14 km in ca. 3 1/2 Stunden bin ich müde und freue mich aufs Sofa. Hier noch eine lustige Waldordnung, welche mir bei einem Spielplatz im Farbschache aufgefallen ist!

4. Etappe (20. März 2025): Ramsei (BE) – Schüpbach (BE)
Hallo Emme, ich bin wieder da! Es sind nicht die SBB, welche mich ins Emmental fahren, bereits beim Umsteigen in Olten beginnt das BLS-Gebiet. Das ganze Emmental wird von der Berg-Lötschberg-Simplon-Bahn bedient.

Frühlingsbeginn! Und was für einer! In Ramsei ist wieder Menschenleere und ich gehe hinunter zur Emme und bleibe beim Ramseisteg stehen. Was für ein plötzlicher grässlicher Lärm! Woher kommt das? Grauenhaft laut! Ich drehe mich um und sehe diese Ungetüme! Zig ratternde Panzer rollen über die Strasse und verursachen einen langen Stau! Ich dachte immer, diese Raupen zerstören die geteerten Beläge. Und dann wieder Stille am Fluss und traumhaftes Frühlingsfeeling!


Beim Kleinkraftwerk Wannenflue, welches zu Rüderswil gehört, macht die Emme eine starke Rechtskurve. Der Wanderweg ist ab hier nicht mehr direkt an der Strasse und der Bahn, sondern führt nun durch den Wald und verläuft teils auch am Waldrand an Feldern vorbei. Was für ein herrlicher Tag in der Natur!

Der Weg führt heute an Massen gehauenem Holz vorbei. Erst fein säuberlich gestapelt, dann wirr gehäufte Stämme und Äste und dann sauber in Reih und Glied gelegte ehemalige Riesen des Waldes.



Vorbei an der Fussgänger- und Velobrücke Ranflühsteg, welche seit 2006 eine Hängebrücke aus dem Jahre 1900 ersetzt, und der Strassenbrücke, der Zollbrücke aus Beton aus dem Jahr 1948, komme ich in Zollbrück an einer riesigen holzverarbeitenden Fabrik vorbei, der Deligno AG. Hier werden die Holzstämme zu Brettern verschiedener Grössen und Längen verarbeitet. Wahnsinn, dieses Holzlager!

Ich überquere die schützenswerte Neumühlebrücke, die nach Lauperswil führt. Sie wurde 1914 gebaut und ist die zweitälteste Betonbrücke über die Emme. Und dann schaue ich über diese wunderschöne Landschaft mit der Kirche von Lauperswil. Ist das Emmental doch schön!




Gut, habe ich die Uferseite gewechselt. Auf der anderen Seite käme ich ans Ufer der Ilfis, welche von Langnau her kommend bei Emmenmatt in die Emme mündet und der Emme doch ziemlich viel Wasser bringt. Beim Ämmehof fällt mir eine Reklame am Zaun auf. Es wird für Oil-of-Emmental geworben und meint damit Holz- und Sonnenenergie. Witzig! Später steht wachend ein holzgeschnitzter Adler am Wanderweg und überall liegen bunt bemalte Steine auf den Bänken. Glücksbringer?




Nach der Mündung des kleinen Längebachs in die Emme, beim Zusammenfluss von Ilfis und Emme, setze ich mich bei einem Grillplatz auf eine Bank und geniesse zum Picknick die wärmende Sonne und den Blick übers Wasser in die Natur. Gegenüber sitzt ein Pärchen und ist wohl auch am Geniessen.


Die Pausen fallen wieder etwas länger aus, denn es ist wieder warm auf der Bank. Beim Weitergehen muss ich die Jacke nicht mehr anziehen. Es wird einem wieder leicht bei dieser Frühlingsstimmung!
In Emmenmatt quere ich auf der Strassenbrücke wieder die Emme und komme auf der anderen Uferseite bald wieder zu einer schützenswerten gedeckten Holzbrücke aus dem Jahre 1837, die Brunnmattbrücke. Da geht der Wanderweg durch die Holzbrücke wieder auf die andere Seite. Mich fasziniert jedes Mal die Baukunst der Zimmerleute.




Nun wandere ich zwischen Wiesen, der Strasse und der Emme. Im Fluss sind viele Betonverbauungen, wohl um bei Hochwasser das Geschiebe etwas zurückhalten zu können. Es liegt viel Holz und Gestein im Bachbett.


Und bei der nächsten Linkskurve erscheint mein heutiges Ziel Schüpbach und die nächste gedeckte Holzbrücke, die Schüpbachbrücke von 1839. Es ist die weitest gespannte Holzbrücke der Schweiz, die noch unter der Verkehrsbelastung von 28 Tonnen steht. Die erste Brücke an dieser Stelle wurde 1550 gebaut und war die erste befahrbare Brücke im Emmental. Da gehe ich nicht drüber, sondern lediglich unten durch und dann seitlich hoch auf die Strasse hinein nach Schüpbach.




Ich suche die Bushaltestelle, denn Schüpbach hat keinen Bahnhof. Der Bus fährt zweimal die Stunde. Ich habe ihn knapp verpasst. So betrachte ich die schönen Häuser und setze mich an die Sonne. Heute bin ich nicht lange gegangen. Etwa 10 km habe ich geschafft. Aber es ist ein guter Start in den Frühling!



5. Etappe (28. März 2025): Schüpbach (BE) – Eggiwil (BE)
Basel – Bern – Signau mit den SBB resp. der BLS und dann noch mit dem Bus nach Schüpbach. Etwas umständlich, aber schön durch die gegen Ende doch unbekannte Gegend. Zuhause hat bereits die Sonne gelacht, aber hier im Emmental mag sie nicht so recht.
Gleich nach der Schüpbachbrücke steht rechter Hand die Emmental-Mühle Wüthrich, welche seit 1900, heute mit 3 Mitarbeitenden in 3. Generation, über 50 Sorten Mehl produziert. Im Mehl-Lädeli können auch Privatpersonen einkaufen.



Die heutige Wanderung ist kurz. Und auch heute ist wieder viel gefälltes Holz sichtbar, herumliegend oder fein gestapelt. Und Holzverarbeitungsbetriebe gibt es hier viele.



Seit dem Kantonswechsel von Solothurn nach Bern bei Gerlafingen stehen immer wieder Marken über die Länge der Emme am Wegesrand. Erst waren es Abstände von 250 m, hier wird unregelmässig gekennzeichnet. Da bin ich doch schon über 40 km gewandert!

Da geht es schon unter einer gedeckten Holzbrücke durch, der jungen Bubeneibrücke aus dem Jahre 1988. Der Wanderweg führt über die Brücke auf die andere Uferseite, wo noch Panzersperren stehen.




Und nun bin ich nicht mehr alleine im Wald. Auf dem ganzen Weg bis Aeschau begleiten mich überall lustige Gestalten und Kunstwerke aus Naturmaterialien. Das bringt eine fröhliche Abwechslung und ich frage mich, wer das wohl gemacht hat. Ob da Schulkinder beschäftigt wurden?




In Aeschau steht eine weitere schützenswerte gedeckte Holzbrücke, Baujahr 1900, die Aeschaubrücke. Es blühen bereits die Forsythien vor alten Bauernhäusern. Aber hier geht der Weg weg von der Emme übers Feld bis nach Horben.


Ich begegne zwei Wanderinnen und höre schon von weitem Kinder rufen und lachen. In Horben ist eine Schule mit Kindergarten. Super, da kann ich kurz austreten. Beim Kindergarten ist an der Türe markiert: Wir sind im Wald! Ah, die habe ich gehört. Dann komme ich wieder kurz zur Emme. Hier stehen zwei Brücken gleich nebeneinander. Die alte schützenswerte gedeckte Holzbrücke von 1834 für Fussgänger und Velofahrende, als erste Bogenbrücke des Emmentals auch die älteste Emmebrücke oberhalb von Burgdorf, und gleich daneben die Betonbrücke für den Strassenverkehr aus dem Jahr 2007. Die alte und die neue Horbenbrücke.

Und es geht wieder weg von der Emme und eine weitere Holzbaufirma fällt mir auf, vor allem wegen ihrem Namen: Hirsbrunner AG. Ich habe fast zehn Jahre mit einem Journalisten gearbeitet, der den gleichen Namen trägt. Ob der Berner ist?
Und was guckt mich denn da im tiefen Emmental an? Nicht ganz die Anden, aber hübsch, dieses Alpaka.

Ich komme am Skilift Netschbüel vorbei und kann mir so gar nicht vorstellen, dass man hier Skifahren kann.
Über die Diepoldswiler Holzbrücke von 1887 wechsle ich wiederum die Uferseite. Da steht ein wunderschönes altes Bauernhaus mit viel Holz auf dem Platz und einem wahren Schatz im Unterstand. Was sind diese Autos früher doch viele rumgefahren in der Schweiz!



Bei Holzmatt muss ich die Emme heute ein letztes Mal überqueren. Und das mache ich hier überhaupt nicht gerne. Es ist eine Hängebrücke, welche vom Militär im WK 1956 erbaut wurde, der Plampisteg. Und wie das schaukelt!




Nun ist es bis zu meinem heutigen Ziel nicht mehr weit. Die nächste Brücke, auch eine gedeckte Holzbrücke, quert nicht die Emme, sondern den Rötebach. Sie wurde 1985 dem Verkehr übergeben. Sie gilt als Prototyp einer neuen Holzbrückengeneration im Emmental.




Was für schöne Häuser hier in Eggiwil. Aber es herrscht starker Verkehr von Autos und Töffs. Ich besuche die Bäckerei Stöckli. Mmmmh, die verkaufen Eggiwilerli, eine köstliche süsse Eigenproduktion. Nur zu empfehlen!
2 1/2 Stunden bin ich gegangen und habe knapp zehn Kilometer geschafft. Ich warte auf den Bus und esse mein Picknick im Wartehäuschen. Nun ist noch eine Etappe zu machen: Von Schangnau nach Kemmeriboden. Dazwischen ist die Emme in einer Schlucht ohne ÖV und Weg und Siedlungen. Und ich freue mich ja riesig auf die bekannten Merängge in Kemmeriboden. Juhui, ich komme bald!
6. Etappe (5. April 2025): Schangnau (BE) – Kemmeribodenbad (BE)
Ein Tiefschlag! Beim Vorbereiten der heutigen Etappe lese ich, dass die Merängge-Hochburg Kemmeribodenbad seit Montag Betriebsferien hat! Nun denn, auch der Gasthof Löwen in Schangnau hat diese Leckerei zu bieten!
Ich habe heute eine liebe Begleitung und so nehmen wir die etwas komplizierte Anreise unter die Füsse resp. die Schienen und die Pneus. Basel – Bern – Langnau i.E. – Wiggen – Schangnau. Zwischen Langnau und Schangnau fahren Ersatzbusse, da auch hier Bauarbeiten an den Trasses der Bahn stattfinden. Aber der Himmel strahlt in tiefstem Blau und die Sonne wärmt, auch wenn es am Morgen doch noch sehr kühl ist.
In Schangnau steigen viele Wandernde aus und wir besuchen als Erstes das Gemeindehaus. Das ist für die Benutzung der Toiletten auch am Wochenende geöffnet. Sympathisch!




Wie ist die Luft doch herrlich hier! Es geht hinunter zur Emme und bereits sind wir an der ersten gedeckten Holzbrücke, die Mühlebrücke aus dem Jahre 1998. Sie ersetzte die Hüslibrugg aus dem Jahr 1866.


Die Emme verschwindet bald in einer Schlucht und unser Weg führt um die 100 m hinauf an hübschen kleinen Bauernhäusern vorbei. Es ist traumhaft schön!

Im Schwarzbachgraben scheint jemand feuchtes Holz zu verbrennen. Es raucht gewaltig, sieht aber auch mystisch aus. Und wieder auf offenem Felde zeichnet ein Bauer hübsche Muster in die Wiesen beim Mähen des Grases.


An den Bauernhöfen Vordere und Hintere Buchhütte vorbei kommen wir wieder hinunter zur Emme. Diese ist voll von Geröll und hat wenig Wasser. Die privat gedeckte einspurige Stegmattbrücke von 1987 ermöglicht den Zubringerdienst von land- und forstwirtschaftlichen Fahrten. Ansonsten ist die Brücke für den motorisierten Verkehr gesperrt.



Der Weg führt nun durch einen kleinen Urwald ganz nah an der Emme entlang. Viel Holz liegt am Boden und grosse Felsen liegen am Wegesrand und in der Emme. Da muss es vor zig Jahrzehnten ein Getöse gegeben haben, welches solche Steinbrocken hierhin gebracht hat! Und dann sind wir bereits bei unserer Mittagspause! Wir kommen ins Beat-Feuz-Gebiet. Überall hängen Poster mit Gratulationen und in der Stammbeiz vom Beat-Feuz-Fanclub ist ein Schaukasten mit all seinen Trophäen. Der Skilift draussen vor dem Restaurant Rosegg steht still, ist abmontiert. Nur noch fleckenweise liegt etwas Schnee. Und die Wirtin sagt uns, dass sie ab nächster Woche auch in die Ferien gehen und Betriebsferien machen. Recht haben sie!




Wir geniessen noch ein feines Mittagessen und ruhen unsere Beine etwas aus. Dann geht es weiter, wieder steil hoch und hinein in einen schönen Wald mit einem Beat-Feuz-Themenweg. Bei vielen Posten zur Karriere vom berühmten Skifahrer aus Bumbach durch das ganze Gelände mit Spielplatz und Grillplätzen wird man an Feuz erinnert.




Nach offenem Gelände müssen wir über einen Bauernhof, wo uns zwei Hunde bellend entgegenspringen. Augen zu und durch! Einfach ignorieren und weitergehen! Aber wir lieben das beide nicht!
Als wir aus dem nächsten Waldstück herauskommen, liegt auf dem Weg im Schatten sogar noch Schnee. Aber auch hier strecken bereits Blumen ihre Köpfe aus dem Laub!


Und um die nächste Kurve sind wir am Ziel! Bin ich am Ziel meiner Emme-Wanderung! Hier hinter Kemmeribodenbad verschwindet die Emme wieder in einer Schlucht. Ein Stück weit kann man noch auf der Strasse dem Wasser entlang gehen. Aber dann ist der Wanderweg auch hier infolge Unwetterschäden nicht begehbar. Und der öffentliche Verkehr endet hier auf dem Wendeplatz beim Gasthof Kemmeribodenbad.






Wir sind heute ca. drei Stunden gegangen und haben ca. 10 km zurückgelegt. Was bin ich glücklich, diese ganze Gegend gesehen und erwandert zu haben. Ich habe mich so richtig ins Emmental verliebt. Was ist es schön hier!
Und schon kommt das Postauto, welches uns nach Schangnau zurückbringt und ich meine heiss ersehnte Merängge geniessen kann. Doch dann der grösste Schock! Meine Begleiterin will nicht spät nach Hause kommen, da ihre Enkelin auf sie wartet. Waaaas???!!! Ich bin in 6 Etappen über 60 km gewandert, wie ein Hase die Rübe stets die Merängge vor Augen und nun einfach direkt nach Hause!!!! Kreisch!!!! Dieser Schreck steckt mir noch lange in den Knochen! Ich werde wohl bald wieder nach Kemmeribodenbad fahren, die Betriebsferien dauern bis Ende Monat. Und dann gehe ich nur hin, um die Merängge, meine verdiente Merängge geniessen zu können!

Habe wieder einmal deine Website angeschaut und staune, was du bis jetzt an der Emme alles gesehen und erlebt hast. Die vielen Holzbrücken sind ja ganz toll.
Ja, die Merängge muss unbedingt sein!!!
Ich würde dich sicher begleiten.