Birmenstorf (AG) – Mellingen (AG)
Heute ist der innere Schweinehund enorm riesig und entsprechend schwer zu bezwingen. Ich bin eingekuschelt im warmen Bett und draussen sind es -5 Grad. Ich soll wirklich da raus?!?!?
Ja, denn ich würde es bereuen, wenn ich es nicht täte. Es verspricht mal wieder ein Traumtag zu werden, wenn auch bei eisigen Temperaturen.
Als ich in Birmenstorf aus dem Bus steige, hat es -7 Grad. Zum Glück bin ich warm eingepackt. Und obwohl die Strecke dem Wasser entlang wieder kaum Höhenmeter bereit hält, habe ich meine Bergwanderschuhe angezogen. Eigentlich bloss, um warme Füsse zu haben.



Aber wie bin ich froh, bei dieser gefrorenen Unterlage festen Halt zu haben! Ich staune, dass es hier doch mehr Schnee hat als bei uns im Baselbiet. Und der Raureif am gegenüberliegenden schattigen Ufer hebt sich so toll gegen den kitschig blauen Himmel ab. Es ist kalt, aber ich bin alleine unterwegs und die Luft ist rein. Einzig ein immer wiederkehrender kleiner Flieger stört die Ruhe. Der Pilot ist wohl am Üben! Immer und immer wieder dreht er seine Runden, stellt den Motor ab und startet wieder und wieder…Nervt!
Dann staune ich über den kleinen Bambuswald, der so gar nicht zur Winterzeit passt!


Und was ich auch nicht mag, ist diese Kletterei über die gefallenen Bäume. Einmal muss ich sogar auf dem Boden untendurch robben und einmal befürchte ich, dass ich auf dem Baumstamm als Rutsche hinunter ins eisige Wasser sause. Es steht da eine Tafel, dass alle Bäume liegengelassen werden, um so den jungen Trieben genug Licht geben zu können und auch Nährstoffe. Ja, toll!


Bei Lindmüli komme ich hoch auf ein Strässchen. Da gucken mich beiderseits überrascht Lamas an. Bei diesen Temperaturen fühlen sie sich bestimmt gleich wie zuhause in den Anden.

Rechts unten können Forellen aus einer Zucht gekauft werden. Und Brücken sind heute auch wieder ein Thema. Logisch, bei Flusswanderungen. Erst weit oben die Brücke der A1/A3/E60. Und dann über die vereiste Brücke im Chlusgrabe. Da kommt das Wasser herunter von der ARA weiter oben. Im Sommer sind die Treppen zum Flüsschen hinunter und gegenüber steil hinauf sicher sehr idyllisch. Heute muss ich aufpassen, dass ich auf der Metalltreppe und dem vereisten Beton nicht ausrutsche. Wer würde mich da schon finden!


Weiter geht es durch den verschneiten Wald. Es ist eine Augenweide! Ich kann mich kaum satt sehen und diese Stille! Inzwischen bin ich weit vom Flugzeug entfernt und nur noch die Tropfen des schmelzenden Schnees in der Sonne durchbrechen die herrliche Ruhe.

Die Reuss erscheint mir bis anhin als ziemlich grüner Fluss. Ich meine die Farbe des Wassers. Im Gedächtnis ist mir noch das gletscherblaue Gewässer der Aare nahe des Grimselpasses und der zum Teil türkisblaue Rhein zwischen Basel und dem Bodensee. Und auch am Ufer der Reuss staune ich heute ob dem vielen Grün. Nicht nur der Bambuswald passte nicht in den verschneiten Tag, auch die vielen tiefgrün bemoosten Baumstämme wirken wie bemalt.


Nach einer Kurve der Reuss und der Eisenbahnbrücke zwischen Killwangen und Mägenwil und einer wunderschön geschwungene Autobrücke zwischen Mellingen-Heitersberg und Büblikon bin ich schon beinahe am Ziel.


Es muss ja keine lange Wanderung sein bei diesen Temperaturen. Auch habe ich kein Picknick bei mir. Nur heissen Ingwertee in einer Thermosflasche! Also laufe ich gemütlich nach knappen 2 1/2 Stunden und zwei wärmenden Teehalten in das hübsche alte Städtchen Mellingen.


Die Altstadt ist nicht gross und in der Hauptgasse zwischen den alten Toren finde ich ein urchiges altes Restaurant. Ich geniesse ein feines Mittagessen und wärme mich auf. Da liegt schon das Programm der Fasnacht auf den Tischen und bald ist der Stammtisch von jassenden Männern besetzt.
Ich mache mich auf zur Bushaltestelle und bin müde, aber glücklich ob des traumhaften Tages bald wieder zu Hause.

