Schlieren (ZH) – Zürich (ZH)
Heute bin ich um halb sechs aufgewacht und es hat geschüttet. Eigentlich habe ich erwartet, dass wir das Wandern heute auslassen. Aber pünktlich zur verabredeten Zeit stehen wir Beide an der Tramhaltestelle und machen uns auf zur vierten und letzten Etappe der Limmat entlang. Es hat aufgehört zu regnen und wir setzen uns in Basel in den Zug Richtung Zürich. Es ist der falsche, ohne Halt bis Zürich. Mir mit dem GA ist das egal, denn wir können in Zürich problemlos in die S-Bahn umsteigen zurück nach Schlieren. Die Begleiterin aber reist mit Spartickets und muss daher auf exakt jenen Zug, für welchen sie das Ticket gelöst hat. Also schnellstens Kaffee, Gipfeli, Jacke, Schal, Handschuhe, Rucksack, Handy packen und raus aus dem Zug, rüber auf das richtige Perron und rein in den richtigen Zug, welcher dann in Dietikon hält, um noch umsteigen zu können nach Schlieren. Alleine bin ich viel konzentrierter und wäre von Beginn weg im richtigen Zug gesessen. So eine Hetzerei zum Tagesbeginn ist nicht mein Ding!
In Schlieren sehen wir dann noch die Schlusslichter des Busses, welcher uns zum Start an der Limmat gebracht hätte. Der nächste fährt erst in einer Viertelstunde wieder. Also machen wir uns gleich zu Fuss auf und kommen genau ans Ziel, wo wir letztes Mal von der Limmat weggegangen sind.

Es regnet zum Glück nicht, nieselt zu Beginn nur etwas, aber die Gegend ist herrlich hier. Rechts haben wir auf weiten Strecken Naturschutzgebiet. Nach dem Passieren der A1-Autobahnhbrücke bei Oberengstringen, welche für Fussgänger schon beängstigend tief liegt, führt der Weg am Werdhölzli vorbei, wo der Weg vom Ufer weg in den Limmat-Auenpark Werdhölzli führt. Hier wurde zum Hochwasserschutz die Limmat renaturiert und ein tolles Naherholungsgebiet geschaffen. Leider wurden aber auch in Reih und Glied stehende Bäume erst kürzlich gefällt.





Während wir uns heute zu den blühenden Haselsträuchern auch über bereits blühende Primeli freuen, wird es merklich städtisch. Nach dem Kraftwerk bei der Werdinsel heissen die Quartiere links und rechts der Limmat Altstädten, Wipkingen, Albisrieden, das Industriequartier etc.




Und da steht der Hardturm. Ich kannte bis anhin nur die gleichnamige Zugshaltestelle. Dass es tatsächlich einen Turm aus dem 13. Jahrhundert gibt, ist neu für mich. Er wurde wohl zur Kontrolle der Limmatüberquerung gebaut und ist seit dem 16. Jh. in Privatbesitz. Zudem gab er dem ganzen Quartier seinen Namen. Wir laufen durch den Wipkingerpark und mir gefällt der Name des Quartiers hier: Im Sydefädeli. Sicher haben hier früher mal Weber oder Tuchhändler gewohnt. Aber nein! Hier gab es mal ein Rebgut, welches einem Armbruster (Bogenmacher) namens Hans Seidenfaden ab 1452 gehörte.

Doch nun zieren Hochhäuser die Kulisse rechts. Viele Neubauten stehen am Wegrand. Wir fragen uns, ob die auch so lange stehen wie der Hardturm. Wohl kaum!


Es ist Mittagszeit! Die Menschen gehen joggen oder mit ihren Hunden raus. Zeitweise ist auf dem schmalen Uferweg kaum ein Aneinander-Vorbeikommen möglich.
Von weitem wird das Kornhaus sichtbar. Erst meine ich, der Turm sei eingerüstet. Aber je näher wir kommen, desto mehr wird sichtbar, dass der 118 m hohe Swissmill-Tower aus reinem, praktisch fensterlosen Beton erbaut wurde. 2016 wurde das bis zu 40’000 Tonnen Korn fassende Silo eröffnet. Gleich dahinter kommt der mächtige Bau des Migros-Hauptsitzes zum Vorschein.


Dann gehts durch einen bunt besprayten Tunnel und wir stehen am Unteren Letten-Flussbad. Und tatsächlich sehen wir Menschen, knallrot von der Kälte, aus dem Wasser steigen. Zwei Frauen ziehen ihre warmen Kleider aus und rüsten sich für den sicherlich erfrischenden Mittagsschwumm. Leider beginnt es nun zu regnen und wir suchen beim Jugendkulturhaus Dynamo (ehem. Drahtschmidli) Unterschlupf, um die Schirme hervorzuholen.


Auf dem Drahtschmidlisteg sehen wir erstmals den Turm des Fraumünsters in der Altstadt von Zürich und dann stehen wir an der Mündung der Sihl in die Limmat auf dem Platzspitz. Es ist eine grosse Baustelle hier, weil das Platzspitzwehr nach über 70 Betriebsjahren erneuert werden muss.


Die Namen Letten und Platzspitz waren mir bis anhin nur ein Begriff aus den Medien der 80er und 90er Jahre in Zusammenhang mit der offenen Drogenszene. Und nun weiss ich, wo genau das ist und finde den Platzspitz eine wunderschöne Oase in der hektische Grossstadt Zürich. Im Sommer muss es hier noch angenehmer sein, wenn Blumen blühen und die mächtigen Bäume ihr Blätterkleid tragen.




Wir haben Hunger und gehen ins Restaurant Central, welches ich vor 50 Jahren schon besucht habe. Ein köstliches Chili con Carne sättigt in einer total anderen Umgebung. Wen wundert’s!
Und es sind nur noch wenige Schritte an wunderschönen alten Zunfthäusern, dem Rathaus, dem Helmhaus mit der Statue vom Reformator Zwingli vorbei und wir stehen am Ursprung der Limmat bei der Quaibrücke, wo sie aus dem Zürichsee entspringt.




Zur Feier des Tages gibts im Storchen in der Altstadt ein Gläschen Prosecco und ein Stück Storchen-Torte. Wir waren an vier Tagen unterwegs. Und obwohl die Limmat nur 35 km lang ist, haben wir doch weit über 40 km zurückgelegt mit den Zusatzschlaufen, dem Kloster Fahr-Besuch und den Wegen von und zum Bahnhof. Die Limmat ist oft sehr naturnah, vor allem auf der ersten Etappe. Dann aber ist auch viel Industrie und Stadt an den Ufern und vor allem lautes Autobahngeräusch.
Es war eine Erfahrung Wert und danke für die Begleitung auf allen vier Etappen!
