Wappen Appenzell Innerrhoden

Sönd Wöllkomm…

Was hat es mich gereizt, dort wandern zu gehen! Wie lange wollte ich da schon hin! Und vor einem Jahr habe ich mir Zeit gewünscht und eine liebe ehemalige Mitarbeiterin hat es nun organisiert und für mich wahrgemacht und mir viel Zeit geschenkt, drei Tage, und vieles mehr!

Die fünf tödlich verunfallten Wandernden haben uns schockiert, konnten uns aber nicht von unserem Plan abbringen. Und da ich eh Höhenangst habe, haben wir nicht so spektakuläre Wege gewählt.

Wir fahren an einem Montagmorgen mit dem Zug los, steigen in Zürich und in Gossau um und sind zur Mittagszeit im wunderschönen Appenzellerland!

Das Gepäck wird im Hotel deponiert und nach einem Spaziergang durch den Hauptort von Appenzell Innerrhoden gibts einen feinen Salatteller. Und dann laufen wir den Weg “Rondom Appezöll” ab, allerdings in umgekehrter Richtung als vom Touristenbüro beschrieben.

Oft müssen wir über den hiesigen Dialekt und lustigen Geschäftsnamen schmunzeln.

Nachdem wir den beinahe trockenen Fluss “Sitter” überquert haben, kommen wir an einem modernen, hübschen Neubau vorbei und vermuten, dass es sich um eine neue Turn- oder Mehrzweckhalle handeln muss. Einzig die Liegestühle auf der Terrasse verwirren uns. Aber der Blick beim Eingang vorne klärt auf. Super schön!

Dann kommen wir hoch zu einer Kapelle, der Lourdes-Kapelle. Diese wurde an der Stelle, wo einst der erste Galgen Appenzells stand, 1592 erbaut für die Sondersiechen, die Pestkranken. Zwischenzeitlich wurde das Haus als Lagerraum genutzt und 1936 wurde im Innern eine Lourdes-Grotte erbaut. Seither wurde der Eingang und das Vordach renoviert und im Jahr 2000 der gesamte Innenraum. Die Kapelle gehört heute dem Kanton Appenzell-Innerrhoden.

Einmal ein Blick zurück schweifen lassen. Wunderschön sind diese sanften und immer noch grünen Hügel und imposant das Alpstein-Massiv dahinter.

Blick auf Appenzell
Blick auf Appenzell

Und eine weitere Kapelle kreuzt unseren Weg, die für Appenzell äusserst bedeutende Kapelle St. Karl Borromäus, Steig. Sie wurde 1619/20 erbaut, ebenfalls aus der Not der Pest heraus. 1000 Menschen starben damals hier an der Krankheit. Im letzten Jahrhundert wurden zahlreiche Renovationen gemacht und erst diesen Sommer wurde das Dach erneuert. Die Renovationskosten werden übrigens immer vom Armeleutsäckelamt übernommen.

St. Karl Borromäus, Steig
St. Karl Borromäus, Steig

Wir kommen an einigen Unternehmen vorbei, welche den Namen Appenzell in die Welt hinaus tragen: die Brauerei Appenzeller Alpenbitter, Appenzeller Bier, Appenzeller Biberli und natürlich der Appenzeller Käse. Und dazu tragen natürlich die Kühe und die herrliche Natur “rondom Appezöll” bei.

Zurück im Dorf faszinieren die wunderschönen Häuser mit all den Malereien. Manchmal muten sie beinahe kitschig an, aber so kennt man klischeemässig Appenzell.

Am nächsten Morgen bringt uns nach einem reichhaltigen Frühstück der Silvesterchlaus der Appenzeller Bahnen nach Wasserauen. Wieviele tolle Bilder habe ich schon gesehen von diesem Seealpsee. Er muss traumhaft schön gelegen sein! Aber der Blick muss hart erarbeitet werden. Für mich ohne jegliche Kondition geht es sehr steil bergauf, zum Glück durch den kühlen Wald und zeitweise sprudelndem Wasser entlang. Warum nur haben so viele andere Leute immer dieselbe Idee zum Sein wie ich!!!!

Wir kommen bei Klein-Hütten vorbei, wo kalte Schoggi und Käse konsumiert werden kann. Wir beobachten Girls mit Birkenstocksandalen und schütteln den Kopf. Und wir haben stets die Felswand gegenüber im Blick mit dem bekannten Restaurant Aescher oberhalb der Tannen und zuoberst die Ebenalp. Aber das dann morgen!

Tja, und dann erblicke ich den See mit dem markanten Felsen im Hintergrund. Die 300 m Anstieg sind vergessen und ich geniesse einfach nur noch! Wow, ist das schön hier!

Weiter hinten stehen Kühe auf der Weide und gleich daneben ist die Käserei. Wir setzen uns auf die Bank vor einer Hütte, wo die Produkte der Alpkäserei verkauft werden und geniessen ein köstliches Chäsplättli mit geräuchertem Schüblig und erfrischendem kaltem Lindenblütentee. Was will man mehr!

Dann geht es ausgeruht auf der anderen Seite dem See entlang zurück hinunter nach Wasserauen. Der Weg ist geteert und extrem steil. Die Knie sagen danke!

Zurück in Appenzell kommt mir eine ehemalige Mitarbeiterin entgegen. Beim Erkennen fällt sie mir um den Hals! Sie spaziert hier mit ihrer süssen kleinen Familie. Nach ca. 8 Jahren was für ein schönes Wiedersehen!

Bevor wir am kommenden Tag wieder Richtung Basel reisen, deponieren wir das Gepäck im Hotel, fahren wiederum nach Wasserauen und nehmen heute die Luftseilbahn der Ebenalpbahn. Vorbei an steilen Felswänden und herunterfliegenden Gleitschirmfliegern.

Viele Piloten bereiten ihren Schirm auf der abfallenden Wiese aus und beobachten den Windsack. Eine Person springt umher und hilft den Stoff auszubreiten, hat Funkkontakt mit wem auch immer und hat alle Hände voll zu tun! Und auf dem Retourweg fragt uns doch tatsächlich ein Pilot, ob eine von uns mitfliegen wolle. Er hätte einen Tandem-Schirm bei sich! Nein, danke, nett gemeint! Aber faszinierend ist es schon!

Muss fliegen schön sein!
Muss fliegen schön sein!

Wir gehen auf einem breiten, guten Weg hinunter und geniessen die Aussicht. Das Panorama ist umwerfend, allerdings hat es auch Dunst in der Ferne! Und dann kommen wir in uralte Höhlen, wo nachweislich bereits vor 30’000 Jahren Menschen lebten! Und Knochen von 600 Höhlenbären wurden gefunden. Schade, dass der Weg so schlecht beleuchtet ist. Ich halte mich an einem Geländer fest und gehe langsam Schritt für Schritt bis zum Ausgang, wo das Tageslicht wieder den Weg erhellt.

Beim Weitergehen steigt bei mir die Spannung. Zur Rechten ragen die steilen Felsen empor und da muss doch jetzt…. Nein, wir stehen plötzlich vor dem Wildkirchli mit dem Gebetsraum in einer weiteren Höhle. Wie haben die das früher hier gebaut? Und das ganze Material musste doch auch hergeschleppt werden!

Und dann gehts wieder weiter den Felsen entlang. Der Weg ist gut ausgebaut und das Geländer schützt vor dem steil abfallenden Gelände. Um die nächste Kurve muss doch jetzt…. Jaaa, da stehe ich und sehe dieses Bild vor mir, welches das Magazin “Geo” schon vor einiger Zeit auf der Titelseite publizierte und seither den Ort überschwemmen lässt mit Wanderern. Und nun stehe ich auch da und staune!!!

Aescher
Aescher

Ich kann mich kaum sattsehen! Links unten kurz einen Blick auf den Seealpsee und dann wieder hin zu diesem Holzhaus, welches in eine der drei Höhlen ganz nah in und an die Felsen gebaut wurde. Bereits im Jahr 1800 soll man hier Menschen bewirtet haben.

Und wir haben Glück und finden einen Platz im Schatten auf der Terrasse des Aescher. Es herrscht auch heute Hochbetrieb hier oben. Viele Wanderer kommen hoch oder steigen wieder hinunter. Passt bloss auf, ihr lieben Leute! Die Aussicht ist einmal mehr genial und die bestellte Gerstensuppe köstlich!

Nach einer kurzen Besichtigung des gemütlichen “Innenlebens” des Aeschers kehren wir zurück. Noch einen Blick ins steil abfallende Gebiet und ein erneutes Wundern ob der Genügsamkeit der Natur, und schon schluckt uns die Höhle auf dem Weg hinauf zur Ebenalp.

Dieses Mal leuchte ich mit meinem Handy den Weg im Dunkel der Höhle und danach muss sich das Auge wieder an das grelle Sonnenlicht gewöhnen. Wieder viele Schirme gleiten an uns vorbei und zwei Wanderinnen sitzen auf einer Bank und bewundern die Aussicht bis hin zum Bodensee. Den konnten wir am Morgen noch nicht sehen, und nun geniessen auch wir die weite Sicht ohne Dunst! Traumhaft!

Sicht bis hin zum Bodensee
Sicht bis hin zum Bodensee

Wir laufen hoch zum Restaurant Ebenalp und geniessen auch hier die Aussicht auf alle Seiten, sogar der Säntis ist weit hinten sichtbar oder auf der anderen Seite der Hoher Kasten. Was für eine schöne Welt!

Nach einer köstlichen Aprikosenglacé und einem Kaffee bringt uns die Gondelbahn wieder hinunter nach Wasserauen. Eine Frau ärgert sich, dass der Zug vor unseren Augen abfährt. Der Führer in der Gondel beruhigt sie, der nächste fährt in einer halben Stunde. Wir geniessen noch etwas die Sonne und die gute Alpenluft, bevor uns der Zug wieder zurück via Appenzell, Gossau und Zürich nach Basel bringt.

Das waren drei tolle Tage! Ich habs so genossen! Auch, dass ich nicht selbst kochen musste, nicht alleine am Tisch sitzen musste beim Essen und die Dusche nicht putzen musste nach deren Benutzung! Ha, man wird bescheiden! Ein ganz, ganz grosses und herzliches Dankeschön an die Schenkende und Appenzell, ich komme wieder!

Hügel im Morgenlicht
Hügel im Morgenlicht