Teufelsbrücke

Die Reuss (13)

Was für ein Tag! Es hat schon so gut begonnen! Ich kaufe in meinem Lieblingszug, der SOB (Südostbahn), im Bistro einen Kaffee und geniesse dazu ein mitgebrachtes Gipfeli. Dann lese ich die Tageszeitung. In Olten steigt ein schlecht gelaunter Herr mit ledernem Hut zu mir ins Abteil. Aber ich lasse mir die Laune nicht verderben. Ab Luzern wird es unterhaltsam und lustig. Eine Mutter steigt mit ihrer Tochter zu. Auch sie holen einen Kaffee und frühstücken mit frischen Kirschen, Him-, Erd- und Johannisbeeren und bieten diese auch uns an. Das wird dem ledernen Hut zu bunt und er zieht es vor, im Gang stehend, weiterzureisen. So hat es für uns mehr Platz und wir plaudern munter weiter. Ich erzähle u.a. vom köstlichen Johannisbeerkuchen, den ich jeweils backe und erwähne das Rezept aus einem alten Kochbuch meiner Mutter. Hier für alle, die ich jetzt gluschtig gemacht habe:

Rezept aus dem Jahre 1955 für den Johannsibeerkuchen
Rezept aus dem Jahre 1955 für den Johannsibeerkuchen

In Göschenen verabschiede ich mich und laufe los. Es scheint, ich bin die Einzige, welche sich heute diese Strapazen antut. Ich bin vor der Hitze am Rheinknie geflüchtet. Aber so an der Sonne auf dem Asphalt ist es zu Beginn auch nicht gerade angenehm.

Und dann kommt die Abzweigung und der Weg führt an die Reuss. Und hier rauscht es nicht nur, hier ist es auch sofort etwas kühler.

Es geht häufig über diese Gittertreppen und Gitterwege. Ich mag das überhaupt nicht. Als ein Jogger mir entgegenkommt, warte ich auf dem Feldweg bis er vorbei ist, um dem Wanken zu widerstehen. Aber ich überstehe auch diese Passage und ich staune immer wieder über dieses enge Tal. Was da alles Platz haben muss: Die alte Gotthardstrasse, der Zug, die Reuss, die Wanderer und Biker. Zum Glück ist die Autobahn im Berg!

Dann komme ich zur Häderlibrücke. Diese dreibogige Brücke wird immer wieder als Beispiel der Brückenbaukunst bewundert. Erstmals erwähnt wurde dieser Reussübergang 1470. Im August 1987 ging ein Unwetter über die ganze Gotthard-Region nieder und das Hochwasser der Reuss schwemmte die Häderlibrücke in der Schöllenen weg. 1991 wurde sie naturgetreu wieder aufgebaut mit dem Originalstein aus einem nahen Steinbruch. Dieser wurde dafür extra wieder geöffnet. Auch ich finde die Brücke schön!

Der Weg führt immer weiter hinauf und links und rechts blühen die Blumen. An einer Stelle hat es besonders viele Schmetterlinge, welche einem sogar aufs Handy sitzen, schwierig zum Fotografieren.

Und ich schaue nach oben und staune ob der vielen Verbauungen in den Felsen. Im Zug oder Auto nimmt man das überhaupt nicht wahr.

Zwischendurch kommen mir jetzt Leute entgegen, welche den Weg in umgekehrter Richtung machen, also bergab. Und es hat auch Radfahrer, die den Weg hinauf fahren. So eine tolle Leistung.

Dann kommen mehrmals Schilder, welche meiner Begleiterin der letzten Etappe wohl nicht gefallen hätten!

Ich höre und sehe zum Glück keine Felsbrocken und Steine runterkommen, gehe dennoch aber ziemlich zügig weiter. Diese Felswände machen schon enormen Eindruck!

Felswände wohin das Auge reicht
Felswände wohin das Auge reicht

In den Jahren 2014 – 2019 wurde der Velo- und Wanderweg neu erstellt. Da hat man auch einen wunderschönen Rastplatz mit Grillrost erstellt, den Geissenplatz. Und hier stärke ich mich auch mit einem Riegel und einem Getränk.

Weiter geht es hinauf und zwischen den Wolken lacht die Sonne und der Wind weht und ich denke an die Hitze in Basel. Es ist herrlich hier oben in diesem engen Tal. Ich komme an Wasserfällen vorbei und ein Radfahrer grüsst!

Und dann schaue ich geradeaus hoch und sehe das Suworow-Denkmal, welches an die gefallenen russischen Soldaten von 1799 gegen die Franzosen erinnert. Und um die nächste Kurve stehe ich vor der Teufelsbrücke und unten tost die Reuss und ich geniesse den Wind im Gesicht und die Freude, es bis hierhin geschafft zu haben.

Wie wild es hier ist und wie viele Brücken und Stege es da gibt. Man kann durch militärische Stollen einen Schöllenenrundgang machen. Ich betrachte mir das Suworow-Denkmal aus der Nähe und komme am bescheidenen Franzosen-Platz vorbei. Hier oben hat es Touristen und wäre dieser Ort in Amerika, müsste man wohl Eintritt bezahlen. Das historische Restaurant ist geschlossen.

Ich gehe weiter und schaue noch einmal auf diesen sagenumwobenen Ort zurück. Und für Strassen- und Bahnverkehr sowie die zu Fuss Gehenden ist ein Platz da.

Tunnels für Strassen- und Bahnverkehr sowie für Fussgänger
Tunnels für Strassen- und Bahnverkehr sowie für Fussgänger

Ich schaue vom militärischen Klettersteig noch einmal hinunter zur Teufelsbrücke und wandere dann weiter Richtung Andermatt. Hier wird das Tal wieder offener und der Wind ist noch stärker. Ein Bunker im Felsen verrottet vor sich hin und das Wasser vom Berg wird in einer Rinne über die Strasse geleitet. Auch ich muss durch einen weiteren Tunnel, um auf die andere Straßenseite zu kommen. Was für ein grässliches Dorf einen da empfängt. Überall stehen Baukräne und schiessen scheussliche Bauten in die Höhe. Ja, für Geld verschandelt man wohl gerne!

Beim Bahnhof setze ich mich auf eine hübsche mit Blumen geschmückte Bank und esse mein Picknick. Hier werden asiatische Gäste mit Bussen mit rumänischen Nummernschildern umherkutschiert und bei der MGB herrscht grosser Betrieb.

Hübsche Bank am Bahnhof Andermatt
Hübsche Bank am Bahnhof Andermatt

Fürs Weitergehen hole ich mir im Bistro noch ein Cornet und suche den Weg Richtung Hospental. Ich habe so stark geschwitzt durch die Schöllenen und hier geht ein so starker Wind, dass ich kurz sogar meine Jacke anziehen muss. Am Rheinknie wird bei 30 Grad geschwitzt!

Der restliche Weg geht beinahe flach alles der Reuss entlang. Die Wolken verziehen sich auch wieder und ich kann wieder ohne Jacke gehen. Links sprudelt die Reuss und rechts wird Golf gespielt. Ob der Wind die Bälle nicht zu weit fort trägt?

Ich mache mir beim Gehen so meine Gedanken. Sawiri verschandelt die Gegend mit seinen hässlichen, nun schon verwitterten Holzbauten und der Andermatt Golf Course benötigt die ganze Fläche bis beinahe nach Hospental. Er ist 6 km lang und 130 Hektar gross und bietet 18 Loch. Betrieben wird er von Andermatt und offizieller Mobilitätspartner ist Audi. Überall die flatternden vier Ringe der Autofirma. Hat der ehemalige Skirennfahrer und Olympiasieger Bernhard Russi nicht immer für Subaru Reklame gemacht?

Nun denn! Ich geniesse die schöne Landschaft mit den saftigen Wiesen und den bunten Blumen und erblicke nach einer Stunde Hospental.

Da sitze ich nun und warte eine knappe Stunde auf die Rückreise nach Basel. Die SBB-App schlägt mir den Weg nach Basel via Brig vor. Das heisst, in 20 Minuten abfahren, in Brig umsteigen und sitzenbleiben bis Basel. Dauer: knapp 5 Stunden. Die andere Variante ist erst in einer knappen Stunde mit umsteigen in Andermatt, Göschenen und Arth-Goldau. Dafür bin ich aber in 3 3/4 Std. daheim. Da lohnt sich das Warten in der frischen Bergluft doch.

Einfahrende MGB in Hospental
Einfahrende MGB in Hospental

Was war das doch für ein toller Tag! Ich bin in ca. 3 Stunden um die 11 km gewatschelt, hatte eine tolle Begegnung im Zug bei der Hinreise, viele spannende Eindrücke auf der Wanderung und lauter kühlende Stunden in den Bergen. Auch die Waggons auf der Heimreise sind alle toll klimatisiert und ich komme richtig entspannt wieder heim!

Blick auf die Teufelsbrücke aus dem Zug
Blick auf die Teufelsbrücke aus dem Zug