Rohrbach bei Wassen

Die Reuss (12)

Es ist schon lange her, seit ich das letzte Mal an der Reuss gewandert bin. Anfang November wars und dann kam der Winter und der Weg weiter hinauf wurde über den Winter gesperrt.

Heute nun also, beinahe Mitte Juni, und einige Grad heisser als im Herbst, geht’s wieder an das wilde Bergwasser. Und das erste Mal bei der Reusswanderung in Begleitung. Die treue Wanderbegleitung und ehemalige Mitturnerin über viele Jahre ist mit dabei. Einerseits ist eine Begleitung unterhaltsam und schön, andererseits bin ich dann eben abgelenkt und nicht voll bei der Sache. So steigen wir gleich in den Einsatzkurs ein und kommen so am hinteren Eingang des Bahnhofs an. Zum Glück haben wir genügend Zeit. Auch ein anderer Fahrgast ist ungewollt in dieses Tram gestiegen und kennt sich grad gar nicht mehr aus. Ich mache ihn darauf aufmerksam, dass wir jetzt beim Bahnhof sind und er bedankt sich sehr.

Ich weiche immer den Menschenmassen aus und steige stets in den hinteren Teil des Zuges ein. Meine Begleiterin macht das umgekehrt und so treffe ich überraschenderweise auf dem Perron einen ehemaligen lieben Mitarbeiter. Er muss an eine Sitzung! Wir können es schon gemütlicher nehmen. Aber in Luzern müssen wir in den hinteren Teil des Zuges umsteigen, da die vordere Komposition abgehängt wird.

Dann steigen wir in Erstfeld um in den Bus nach Wassen. Und da hat es sich mit den Menschenmassen erledigt und wir sind fast alleine.

Gleich begrüsst uns wieder die gelbe Bank und natürlich das berühmte Kirchlein.

Es geht erst etwas an der stark befahrenen Gotthardstrasse entlang, bevor wir rechts hinauf abbiegen können und so zum heutigen Freilichtmuseum des Steinbruchs Antonini kommen, wo noch viele Requisiten aus der Zeit von vor 150 Jahren stehen.

Bevor unser Weg im Wald verschwindet, haben wir eine tolle Sicht das Tal hinauf Richtung Göschenen. Oh Schreck, da wird die Blechlawine auf der Autobahn vor dem Gotthard sichtbar. Bei meiner Planung des heutigen Tages habe ich nicht berücksichtigt, dass in vielen katholischen Kantonen ein Feiertag ist, weil Fronleichnam. Und da heute Donnerstag ist, werden wohl viele die Brücke machen und ein verlängertes Wochenende im Süden verbringen. Wenn man den Stau so vor Augen hat, tun einem die Einheimischen noch mehr leid ob des ewigen Lärms und der schlechten Luft.

Stau am Gotthard
Stau am Gotthard

Es geht durch den Wald hinauf und dann wieder hinunter zur Strasse und etwas dem Asphalt entlang und wieder hinauf auf einem Feldweg. Wir queren den kühlenden, rauschenden Rohrbach. Dann führt der Weg leicht hinab und wir kommen zu einer Kapelle, welche quer über den Weg gebaut ist: Die St. Josef-Kapelle von Wattingen. Sie stammt aus dem 19. Jahrhundert und wurde über den Saumpfad gebaut.

Weiter geht es und wir sind an der Flanke des Eisenbahntunnels Naxberg. Die Wiesen blühen prächtig und der Weg geht steil hinauf über Treppen aus Felsen und mit Ketten zur Rechten, um sich halten zu können. Es ist heiss! Ich hoffte, dass wir der Hitze am Rheinknie etwas entfliehen könnten. Aber aus dem Fels und den Wiesen reflektiert die Sonne auch enorme Hitze.

Einmal müssen wir die gewonnene Höhe wieder mit einem steilen Abstieg hergeben. Das geht in die Knie, was ich nicht mag! Und gleich geht es wieder Treppen hoch und durch Unterführungen der Eisenbahn. Aus dem Naxtal rauscht das Wasser gebändigt in einem Kanal herunter und wird von blühendem Waldgeissbart flankiert.

Und wie wir mal wieder hinunter kommen auf einem angenehmen Feldweg nach zig erklommenen Treppenstufen, laufen wir wieder parallel zur Eisenbahnlinie. Und wo der Zug durch einen kleinen Tunnel fährt, führt auch der Wanderweg durch einen kurzen Betontunnel.

Geschützter Weg vor evtl. Naturgewalten
Geschützter Weg vor evtl. Naturgewalten

Dann steht da auf der linken Seite die Kabelbude. Ja klar, die Kabelbude. Wir lachen! Die Erklärung steht gleich dazu auf einer Tafel:

Schon vor der Elektrifizierung des Fahrbetriebs wurde Strom für die Übermittlung und die Zugsicherung eingesetzt. Ein Kabel entlang der gesamten Strecke diente der Telegrafen- und Telefonverbindung, der Übertragung von Informationen zum Streckenblock sowie für die Läutwerke und Uhren. Anschlussleitungen zu Apparaten oder Übergänge von einem Kabel zum nächsten wurden anfänglich in aufwändigen Kabelbuden installiert. So waren sie vor Wind und Wetter sowie vor unerlaubtem Zugriff geschützt.

Kabelbude bei Göschenen
Kabelbude bei Göschenen

Tja, und dann stehen wir am Dorfeingang von Göschenen. Ich habe schon bald zu Beginn der Wanderung bemerkt, dass wir nicht vom Fleck kommen. Unterwegs ging es meiner Begleiterin dann nicht mehr so gut. Und so haben wir beschlossen, den heutigen Ausflug in Göschenen zu beenden. Es wären noch 1 3/4 Std. durch die Schöllenenschlucht nach Andermatt. Aber wir haben fast doppelt so lange wie gedacht für die zurückgelegte Strecke benötigt.

Also suchen wir uns ein Beizli, wo wir uns ein kühles Etwas zuführen könnten. Aber wegen zu geschlossen! Die Hotels und Restaurants sind alle zu und am Bahnhof hat es nicht einmal einen Kiosk. So warten wir bis der treno gottardo aus dem Tessin einfährt und uns direkt nach Basel bringt. Dieses Mal sitzen wir richtig und beim langen Aufenthalt in Luzern springe ich schnell zum Bahnhofskiosk und hole uns je ein Cornet. Schmatz!

Bunte Häuser in Göschenen
Bunte Häuser in Göschenen